Über sieben Brücken musst du gehn …
Letztes Jahr erzählte man mir, dass es in Reichelsheim bei Frankfurt zwei Brücken gäbe, über die man rollen müsse, wenn man von der RWY zum Vorfeld will. Das hörte sich nach einer Besonderheit an und so entschlossen Olaf und ich uns, eine Tour dorthin zu basteln.
Um 10.30 Uhr geht es los und Olaf startet auf der Piste 27 in Ampfing (EDNA). Die Sicht ist heute nicht gut. Es ist sehr dunstig, aber ansonsten gutes und in größerer Höhe vor allem ruhiges Flugwetter. Ideal für eine Tour. Zunächst passieren wir Landshut, später durchfliegen wir die CTR von Ingolstadt. Dort ist viel Verkehr und es stehen sogar vier Airbus A400M auf dem Vorfeld.
Unsere weitere Flugroute führt uns vorbei an Ingolstadt, Ansbach, Illesheim und Giebelstadt. Auf Höhe Würzburg befinden wir uns bereits im Anflug auf den Flugplatz Hettstadt (EDGH).
Wir hatten uns vorab telefonisch angemeldet, denn heute ist keiner am Platz. Jedoch hört jemand den Funk mit. Wir funken blind und landen nach knapp zwei Stunden Motorlaufzeit auf der ausgebrannten Graspiste 27. Im Gegensatz zum Münchner Raum hat es hier im Sommer kaum geregnet. Alles ist verbrannt und knochenhart. Als wir den Motor ausschalten, wird es still. Wir sind allein. Kein Mensch da. Die erste Landung am Tag ist sowieso kostenlos. Von daher kein Problem.
Nach einer kurzen Pause heben wir wieder ab. Kurs Nordwest und wir passieren den Main und den Spessart. Für uns Bayern eigentlich nur ein kleines hügliges Waldgebiet.
Auf Höhe Gelnhausen sehen wir auch schon die Hochhaus-Skyline von Frankfurt. Und auch die Airliner, die über uns im Anflug auf den internationalen Flughafen sind. Nach gut 45min Flugzeit befinden wir uns im Endanflug auf die Piste 18 von Reichelsheim (EDFB). Die Bahn ist mit 1300m ausreichend lang.
Die besagte Besonderheit hier sind zwei Taxiway-Brücken, die die Rollwege um die Landebahn mit dem Vorfeld verbinden.
Wir nehmen die Nordbrücke. Olaf muss richtig Gas geben, denn es geht steil bergauf. Wahrhaftig eine richtige Brücke! Wir sind begeistert. Sowas haben wir auch noch nie gesehen. Unter der Brücke verläuft ein kleiner Bach, aktuell mit relativ wenig Wasser.
Für uns geht es gleich zur Tankstelle, denn die Breezer hat Durst. Die Spritpreise hier sind extrem teuer, aber wir haben sonst keine andere Möglichkeit zum Nachtanken. So müssen wir die 2,36€ pro Liter AVGAS in Kauf nehmen.
Die Hangars hier sind alle schon sehr heruntergekommen. Der Zutritt zum Tower ist wegen Corona strengstens verboten. Schon im NOTAM steht, dass man nur landen darf, wenn man die Landegebühr per Aerops-App oder Lastschrift bezahlen kann. Wir zahlen per App. 6,50€ sind voll OK. Heute ist offizieller Herbstanfang. Mit Sonne pur und 26°C fühlt man sich aber eher wie im Spätsommer.
Nach etwa einer Stunde machen wir uns wieder auf den Rückflug. Diesmal nehmen wir die Südbrücke. Hinunter zum Taxiwaysystem muss man richtig bremsen. Schon spannend.
Gegen 14.30 Uhr heben wir ab.
Der Rückflug über den Spessart verläuft ähnlich wie auf dem Hinflug. Allerdings landen wir diesmal in Unterschüpf (EDGU). Dieser Platz ist generell PPR und wenn man sich telefonisch angemeldet hat, darf man jederzeit alleine landen. Ein Traum! Da bei unserer Landung keiner am Platz ist, überfliegen wir die Piste zunächst und checken den Windsack. Es ist genau Seitenwind. Aufgrund der nach Westen leicht ansteigenden Piste entscheiden wir uns für eine Landung auf der 26. Der Flugplatz liegt wunderschön auf einem Plateau mit Weinbergen.
Olaf schaltet den Motor aus. Stille. Man hört kein Auto, kein anderes Flugzeug, keine Personen. Nur Natur. Wir sind völlig allein. Richtig idyllisch und entspannend. Landen ohne Flugleiter gibt es in Deutschland nicht allzu oft. Eine Landegebühr ist hier zudem ein Fremdwort. Wahrlich ein Traum!
Während unseres Fluges haben sich nordöstlich von Ulm stärkere Gewitter gebildet. Diese sind die letzten zwei Stunden in Richtung Nürnberg gezogen. Wir schauen uns die Satellitenbilder genau an und vergleichen sie mit der ICAO-Karte. Sollten uns die Gewitter später den Weg versperren, brauchen wir einen Alternativplan. In diesem Fall würden wir nicht wie geplant an Schwäbisch-Hall vorbeifliegen, sondern südlich von Ulm und dann Kurs auf München nehmen.
Gegen 16.00 Uhr starten wir wieder. Aufgrund des Seitenwindes entscheiden wir uns für einen Start auf der 26. Es geht zwar leicht bergauf, aber die Bahn ist knochentrocken, mit 670m ausreichend lang und wir vermeiden somit einen Überflug der gleichnamigen Stadt am Ende der Piste 08.
Kurz vor Schwäbisch-Hall sehen wir, dass sich die Schauer und Gewitter ziemlich aufgelöst haben und die letzten Reste Richtung Nordosten abgezogen sind. Da bereits wieder die Sonne scheint, verdunstet der letzte Rest des Regens am Boden. Ein beeindruckender Anblick aus der Luft.
Über das Nördlinger Ries geht es vorbei an Donauwörth nach Landshut und von dort weiter nach Ampfing, wo wir nach guten zwei Stunden Flug gegen 18.00 Uhr landen.
Am Ende sind es knapp sechs Stunden Motorlaufzeit, die Olaf und ich abgesessen haben. Eine lange Zeit, aber die war es wert. Wir haben wieder viele neue Sachen gesehen und wenn jemand mit seinem Flugzeug einmal über eine richtige Brücke rollen will, dem können wir nun begeistert Reichelsheim empfehlen!