Flugplatz-Hopping zwischen Schwäbischer Alb und Schwarzwald

Das Wetter ist zwar nicht so gut wie noch am Vortag vorhergesagt, aber das ist seit Beginn der Coronapandemie aufgrund des Fehlens von Wetterdaten wegen stark reduziertem Flugaufkommen nichts Neues.

Trotzdem wollen Olaf und ich unsere Tour probieren. Denn das Wetter soll nur ganz langsam von Westen her schlechter werden, also von dort, wo wir hinfliegen wollen. Da kann man es durchaus probieren.

Die Schwäbische Alb ist eine Brutstätte von Flugplätzen. Alle paar Kilometer befindet sich ein Landeplatz. Ich hatte mir ein paar Flugplätze bis zum Beginn des Schwarzwaldes ausgesucht, auf denen ich noch nicht war.

Um kurz nach 08.00 Uhr beschleunigt Olaf unsere Breezer in Ampfing und nimmt Kurs Richtung Nordwest. Am Boden war es etwas kühl, es war Jacke oder Pullover angesagt. Doch als wir 2000ft erreichen, wird es auf einmal richtig warm in der Maschine. Nun ist es fast im T-Shirt zu warm. So eine starke Inversionslage bei der Temperatur kenne ich sonst nur vom Herbst und Winter. Noch nie habe ich so etwas im Frühling erlebt!

Weiter geht es mit Direktkurs zum Flugplatz Heuberg (EDTH). Dort landen wir nach 1,5 Stunden Flugzeit. Etwas länger als berechnet aufgrund des Gegenwindes.

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In Heuberg tanken wir auf und besprechen den weiteren Flugverlauf.

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In Nabern/Teck (EDTN) wollen wir die nächste Pause machen. Bei noch bestem Wetter landen wir auf Piste 32. Im Anflug muss man aufpassen, nicht auf dem nur 450m entfernten Segelflugplatz Teck zu landen. Beide Pisten sind noch dazu fast gleich ausgerichtet.

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Der Flugplatz gehört zur Firma Wolf Hirth / Schempp-Hirth, welche selbst Flugzeuge herstellt und ist daher nur unter der Woche anzufliegen, wenn diese geöffnet ist.

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Ich habe uns telefonisch angekündigt, so erwartet man uns nach der Landung und bringt uns ins Büro der Firma zum Bezahlen der Landegebühr. Das ist auch gut so, denn das Büro ist mitten in der Fabrik und das hätten wir vermutlich nie gefunden.

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Wir bleiben eine knappe halbe Stunde. Dann starten wir unseren Motor wieder und gehen auf die Piste 14. Der Wind ist schwach, daher wollen wir nicht erst wieder die ganze Bahn hinabrollen zur 32. Nach dem Motorcheck gibt Olaf Vollgas und die Maschine beschleunigt. Alles läuft nach Plan, bis sich der Pistenboden etwa bei der Hälfte, als wir gerade 60-70km/h erreichen, in ein Wellblech verwandelt. Uns schüttelt es stark durch und die Bewegung schaukelt sich sogar auf. Zeitgleich lässt die Leistung spürbar nach und der Motor dreht nur noch mit etwa 4000 statt 4800 RPM. Ich rufe sofort „Abbruch!“. Olaf nimmt das Gas raus und die Breezer rollt normal weiter. Wir rollen bis zum Ende und geben am Funk Bescheid, dass wir einen Motorcheck machen müssten. Seit dem Abbruch läuft der Motor aber wieder ganz normal, als wäre nichts gewesen. Ich steige aus und checke zunächst von draußen optisch, danach lassen wir ihn länger bei Volllast laufen. Alles normal. Vermutlich Blasenbildung im Sprit durch die starke Vibration (Kavitation), infolge derer der Motor nicht mehr volle Leistung hatte.

Da wir nun am Beginn der Piste 32 sind, starten wir gleich von hier. Wie gesagt, der Wind ist nur sehr schwach. Diesmal läuft alles wie es sein soll.

Der nächste Flugplatz, den wir anfliegen wollen, ist nur wenige Kilometer entfernt: Grabenstetten (EDSG). Hier erwartet uns eine ausreichend lange ebene Grasbahn.

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Anschließend haben wir einen schönen Blick auf die Burg Hohenneuffen.

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Wir fliegen weiter nach Westen. Kurz vor dem Beginn des Schwarzwaldes liegt der Segelflugplatz Haiterbach-Nagold. Im Endanflug auf die 25 überfliegt man zunächst höhere Bäume, direkt danach beginnt die 820m lange Grasbahn.

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Die Besonderheit hier ist eine starke Senke in der Mitte. Man rollt richtig stark bergab, zusätzlich hängt das Pistenprofil auch noch nach rechts zur Seite. Nach der Senke rollt man wieder stärker bergauf.

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Der Platz gefällt mir. Das Wetter ist leider bereits schlechter geworden. Bewölkt, etwas windiger und kühler.

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Nach der Pause fliegen wir ein kleines Stück hinein in den Schwarzwald.

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Dann wieder zurück in die Schwäbische Alb. Nächster Stopp: Rottweil-Zepfenhan (EDSZ). Der Platz ist unter der Woche PPR. Bereits am Telefon war man uns gegenüber nicht so freundlich, aber PPR war kein Problem und der Besitzer kommt für eine PPR-Gebühr von 30EUR selbst zum Platz, um den Flugleiter zu machen.

Wir landen auf Piste 26.

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Der Flugplatz ist großzügig dimensioniert und die Landebahn hat sogar keine Beleuchtung. Wir tanken auf. Hier gibt es nur AVGAS, aber das spart uns einen außerplanmäßigen Stopp in Mengen (EDTM). Der Besitzer ist sehr griesgrämig und umständlich, aber wir sind dennoch froh, dass wir landen und den Flugplatz kennenlernen durften.

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Das Wetter ist nun richtig unangenehm. 15°C, windig, bewölkt und eiskalt. Ein Blick ins aktuelle Wetter zeigt uns, dass zur gleichen Zeit in Ampfing und München blauer Himmel bei 28°C ist! Aber der Wetterbericht hat ja gesagt, dass aus Südwesten eine Front hochzieht, die nur sehr langsam nach Osten vorankommt und Süddeutschland in zwei unterschiedliche Wetterzonen teilt.
Im Abflug sehen wir den 246m hohen TK-Elevator-Testturm in der Stadt Rottweil, in welchem Express- und Hochgeschwindigkeitsaufzüge getestet werden können.

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Bei Leibertingen haben wir einen Panoramablick auf das Donautal und Schloss Werenwag. Hier ist die Donau noch richtig klein.

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Da sich seit Rottweil meine GoPro unter der Tragfläche mit der Fernbedienung nicht mehr einschalten lässt, entschließen wir uns zu einer Fullstop-Landung auf dem Segelflugplatz Riedlingen. Da am Funk zunächst keiner antwortet und auf den zuvor angeflogenen Flugplätzen immer Westwind war, entscheiden wir uns für eine Landung auf der 26. Im Endanflug geht es direkt am historischen Stadtzentrum vorbei.

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Erst kurz vor der Bahn sehen wir den Windsack und bemerken, dass wir bei unserer Landung doch 5-10kt Rückenwind haben werden. Kurz vor Riedlingen scheint der Wind von West auf Ost gedreht zu haben. Die Bahn ist mit 435m aber ausreichend, so landen wir trotz Rückenwind.

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Schnell den Akku der Kamera gewechselt, die Verbindung läuft wieder. Zum Starten nehmen wir selbstverständlich die 08, gegen den Wind.
Das Highlight der Tour kommt jetzt: der Segelflugplatz Ehingen-Schlechtenfeld. Das ist ein Flugplatz mit einer stark ansteigenden Piste auf einem Berghang. Sobald man die Schwelle überflogen hat, ist ein Durchstarten nicht mehr möglich, da das Gelände nach der Grasbahn stark ansteigt und zusätzlich ein Wald gierig auf Flugzeuge von Piloten, die den Anflug falsch kalkuliert haben, wartet… Am Telefon sagte man mir, dass von einem Anflug bei Ostwind eher abgeraten wird, da Leeturbulenzen von den umgebenden Bergen die Landung erschweren würden.

Was ist aber gerade im Moment? Natürlich Nordost-Wind! Ich möchte es dennoch versuchen, allerdings mit größter Vorsicht und immer bereit zum Abbruch.

Zuerst überfliege ich den Platz und checke den Windsack. Nordost-Wind, immer wieder mal auffrischend. Dann leite ich eine 270°-Kurve ein, um in den Endanflug zu kommen. Eine Platzrunde gibt es hier nicht. Das gefällt mir. Künstlerische Freiheit für den Piloten! Die Maschine im Endanflug ausgerichtet erfassen mich einige unangenehme Leeturbulenzen, doch dann wird es wieder ruhiger. Ich setze den Anflug fort.

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Kurz vor der Schwelle jedoch drückt mich ein Abwind nach unten. Und zwar so stark, dass sich die Maschine bereits unterhalb der Schwelle der Piste befindet. Höchste Zeit, durchzustarten! Ich schiebe den Gashebel auf Vollgas. Es dauert lange zwei Sekunden, bis ich den Höhenverlust ausgeglichen habe und ich mich wieder über der Schwelle befinde. Sofort merke ich, dass die Höhe und der Winkel nun perfekt für eine Landung wären. Also das Gas zurück in den Leerlauf. In diesem Moment befinde ich mich genau über der Schwelle. Durch die ansteigende Bahn setzt die Breezer butterweich auf. Bremsen muss man nicht, die Steigung übernimmt diesen Job. Die 300m Bahnlänge sind völlig ausreichend. Nach der Hälfte der Bahn flacht diese etwas ab, um dann am Ende extrem steil anzusteigen und in einem Wald zu enden.

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Hier werden wir freundlich empfangen. Eine Landegebühr will hier keiner haben. Man tauscht sich über den Flugplatz Ehingen und Ampfing aus und wir fragen nach, wo man hier in der Regel den Take off beginnt. Denn in Startrichtung ist die Piste nicht markiert.

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Nun wird es wieder interessant. Olaf rollt bis kurz vor die größte Steigung am Ende der Landebahn.

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Dann übernehme ich und gebe Vollgas. Der Wind bläst jetzt natürlich von hinten oder seitlich, oft wechselnd. Die Beschleunigung ist gut, allerdings brauche ich die gesamten 300m der Bahn, obwohl bergab. Erst wenige Meter vor der Schwelle lösen sich die Räder vom Boden.

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Doch da die Geschwindigkeit nicht weiter steigt, muss ich die Maschine noch knapp über dem Boden halten. In 2-3m Höhe folge ich dem Bodenprofil, weiter bergab ins Tal. Erst ca. 150m nach dem Ende der Bahn kann ich nach oben ziehen und erstmals steigen. Das ist auch höchste Zeit, denn das Bodenprofil steigt nun leicht an.

Nur 950m nach der Piste befindet sich ein höherer Bergrücken, den ich mit meiner momentanen Steigrate unmöglich überfliegen kann. Auf der linken Seite ist das Gelände ebenfalls zu hoch, um überflogen zu werden. So bleibt mir nur eine Rechtskurve in das Tal hinein. Da die Steigrate nun ausreichend ist, mache ich gleich eine 230°-Kurve und überfliege den Flugplatz anschließend nochmal in ausreichender Höhe.

Nun steht der Rückflug nach Ampfing an. In Ulm drehen wir noch eine Runde um den Ulmer Münster, mit 161,53m der größte Kirchturm der Welt.

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Dann geht es direkt nach München. Kurz vor der Stadt reißen die Wolken auf und es gibt blauen Himmel. Wir sind zurück in der warmen Hälfte Deutschlands.

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Als wir nach insgesamt 7 Motorlaufstunden und 952 geflogenen Kilometern wieder zurück in Ampfing sind, empfangen uns heiße 29°C! Wir kommen uns vor wie nach einem Flug in den Urlaub ans Meer. Aber trotz des schlechteren Wetters in der Westhälfte war es eine absolut gelungene Tour mit vielen schönen Erlebnissen und interessanten Flugplätzen.