Bunte Vielfalt im Osten – eine Tour über den Harz, Dresden und Tschechien

Es ist wieder einmal soweit. Eine Tour mit Übernachtung für Olaf und mich steht an. Um 09.30 Uhr sind wir startklar in Ampfing. Da aktuell immer noch die Corona-Regelung maximal eine Stunde Cockpitzeit gilt, fliegen wir zunächst nach Landshut. Aber auch deswegen, um noch einmal das Wetter zu prüfen. Denn obwohl die Vorhersage in den letzten Tagen immer sehr positiv war, sieht es heute ganz anders aus. Hier im Süden ist es fast wolkenlos, doch in der Mitte und im Norden Deutschlands hält sich noch Regen, der nur langsam nach Westen abzieht. Den Wetterfröschen fehlen zur verlässlichen Vorhersage immer noch die Daten der Linienflugzeuge, welche zurzeit aufgrund Corona immer noch am Boden stehen. Das merkt man deutlich. Wir checken Webcams, den GAFOR und telefonieren mit dem nächsten Flugplatz auf unserer geplanten Route. Das ist Burg Feuerstein (EDQE) nördlich von Nürnberg. Bis dahin ist das Wetter auf jeden Fall gut.

Nach einer guten Stunde Flugzeit ab Landshut landen wir in Burg Feuerstein.

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Nun ist wieder Wetter checken angesagt. Doch die Aussichten sind trüb. Erfurt meldet IFR-Flugwetter und der Thüringer Wald, den wir eigentlich überfliegen wollen, ist laut GAFOR X-Ray. Na prima… Wie sollen wir jetzt fliegen, um in den Norden zu kommen? Unsere einzige Hoffnung ist nun, dass es ganz im Osten schon besser ist. Das schlechte Wetter soll ja nach Westen abziehen. Ein Blick in den GAFOR und die Flughafenstationen lässt uns aufatmen. Tatsächlich ist es weiter östlich des Thüringer Waldes, etwa auf Höhe Hof, deutlich besser und es herrschen O-Bedingungen. Eigentlich wollten wir via Erfurt nach Eisenach zum Tanken. Doch das geht nun nicht. Wir wählen Jena Schöngleina (EDBJ) als Tankstopp aus.

Gegen 13.00 Uhr starten wir. Vor uns liegt sehr gute Flugsicht. Selbst der Thüringer Wald auf unserer linken Seite wäre gut befliegbar. Oftmals ist der GAFOR doch pessimistischer als die Realität. Aber unsere Route ist fix, Jena bleibt unser Ziel. Die Motorlaufzeit bis dahin beträgt genau 60min. Wie bei meinen letzten Besuchen empfängt uns Jena auch heute mit strammem Seitenwind. Doch Olaf landet die Breezer souverän.

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Wir tanken randvoll. Der Sprit muss bis Dresden reichen.

Nach einer halben Stunde Aufenthalt verlassen wir Jena und fliegen rüber nach Erfurt. Das liegt eigentlich nicht ganz auf unserer Flugroute. Doch ich weiß, dass dort einige nagelneue Airbusse der A320-Familie abgestellt sind. Diese wurden in der Werft in Hamburg Finkenwerder gebaut und aufgrund Platzmangel hier in Erfurt zwischengeparkt, bevor sie von den verschiedenen Airlines weltweit nach der Corona-Krise abgeholt werden. Das möchte ich gerne aus der Luft fotografieren. Das Wetter ist mittlerweile auch in Erfurt CAVOK. Lange hat es gedauert… Da wir uns aber nicht sicher sind, ob wir über dem Vorfeld zum Fotografieren kreisen dürfen und ich die Flugzeuge mit Sonne ablichten möchte, warten wir südlich der CTR, bis sich der Schatten über dem Flughafen verzogen hat. Dann frage ich das Midfield Crossing an. Zu unserer Freude wird dies genehmigt. Wir fliegen in die CTR ein. Noch mehr freuen wir uns, als wir auf Anfrage die Genehmigung zum Kreisen über dem Vorfeld bekommen. So kann ich die 23 Airbusse perfekt mit Sonne ablichten.

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Nach dem Fotoprojekt Erfurt geht es weiter in den Norden. Vor uns liegt der Harz.

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Dort befindet sich eines unserer zwei Hauptziele der Tour: der private UL-Flugplatz Hasselfelde mit der Westernstadt Pullman City. Dieser darf erst ab 100 Flugstunden Erfahrung angeflogen werden. Denn die Piste hat eine leichte Steigung, ist nur 640m lang, hat mehrere Bodenwellen, oft Seitenwind und direkt am Ende der Piste beginnt die Westernstadt.

Ich hatte vor unserem Abflug in Jena noch einmal mit dem Besitzer des Platzes telefoniert. Er meinte, dass wir auf der 26 landen sollten. Also gehen wir nördlich des Platzes in den Anflug. Eine fest vorgeschriebene Platzrunde gibt es nicht. Lediglich eine Empfehlung. Am Funk ist auch keiner. Man funkt blind und hört auf andere Pilotenmeldungen. Als wir uns im Endanflug auf die Piste 26 (bergauf) befinden, fällt uns der stramme Rückenwind von geschätzt gut 10kt auf. Dies hatte der Besitzer nicht erwähnt. Wir fliegen trotzdem weiter an, in der Hoffnung, dass der Wind am Boden doch nicht so stark ist. Doch dieser Wunsch erfüllt sich uns leider nicht. Mit geschätzt knapp 20km/h mehr Geschwindigkeit über Grund überfliegen wir die Schwelle. Der Rückenwind macht sich deutlich bemerkbar. Er drückt uns richtig weit in die Piste hinein und die Breezer will gar nicht runter. Am Ende der Piste erwartet uns ein großer Stapel mit Baumstämmen.

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Ist dieser etwa willentlich dort platziert, um die dahinter befindliche Westernstadt vor überschießenden Flugzeugen zu schützen?! Oder doch nur Zufall? Kurze Gedankenspiele in meinem Kopf, während wir noch immer nicht aufgesetzt haben. Kurz vor der Halbbahnmarkierung setzt die Breezer endlich auf und Olaf geht sofort scharf in die Bremse. Zwischen Halbbahnmarkierung und Ende der Piste haben wir Rollgeschwindigkeit. 200m ansteigendes Gelände reichen einer Breezer halt auch mit 10kt Rückenwind… Doch wir stimmen überein, optimal war diese Landung nicht. Nächstes Mal würden wir gegen den Wind auf der abfallenden Piste 08 landen.

Das Rollen zur Parkposition ist hier in Hasselfelde nicht weniger spannend als die Landung. Eine schmale Straße, welche auch von Autos benutzt wird, ist der Taxiway zur Parkwiese. Für Hochdecker kein Problem, doch mit unserer Breezer müssen wir höllisch aufpassen. Langsam passieren wir den Holzstapel und dann heißt es achtgeben, dass die rechte Tragfläche keine Zaunpfähle streift…

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es ist schon fast Millimeterarbeit, aber wir erreichen sicher die Parkwiese und stellen den Motor ab.

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In der Westernstadt Pullman City haben wir als Piloten freien Eintritt. Über das Gate bei der Piste betreten wir das Gelände und füllen zunächst das Landebuch aus. Eine Landegebühr gibt es nicht, aber man kann für ein Kinderkrankenhaus spenden. Das machen wir gerne.

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In der Hauptstraße der Westernstadt stärken wir uns mit einem Pulled Pork Burger. Obwohl wir aufgrund der Verspätung wegen des Wetters die Shows am Nachmittag verpasst haben, ist es trotzdem ganz nett. Mal was anderes.

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Da wir noch ein bisschen Flugstrecke vor uns haben, machen wir uns bald wieder startklar. Diesmal ziehen wir die Breezer per Hand auf dem schmalen Weg zur Piste.

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Um auch den spektakulären Anflug auf die Piste 08 zu sehen, entschließen wir uns zu einem Touch and Go vor dem Weiterflug. Um kurz nach 18.00 Uhr starte ich auf der 08 und gehe nach Norden in die Platzrunde. Der Anflug auf die 08 führt genau über die Westernstadt. Dies ist nicht ganz ohne, denn es geht nur knapp über die Gebäude und eine Antenne. Dann überfliegt man den Baumstammstapel und kommt gut auf die Schwelle der 08. Ein toller Anflug!

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Weiter geht es in Richtung Halle-Oppin (EDAQ). Um später nicht in Dresden tanken zu müssen, machen wir hier einen Stopp.

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Der Sprit ist nicht so teuer, der Service gut und schnell. Ebenfalls perfekt ist nun auch das Wetter. Kaum mehr Wolken.

Die Maschine wieder voll, starten wir auf der Piste 11. Gleich südlich des Platzes liegt die CTR von Leipzig. Genau da wollen wir durch. Auch hier ist die Towerlotsin äußerst entspannt und wir dürfen sogar einen Vollkreis um den Tower fliegen, neben dem zwei riesige Antonov An-124 von Volga-Dnepr und eine Boeing 747-400 abgestellt sind.

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Nach der CTR überfliegen wir das Stadtzentrum von Leipzig.

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Nun folgt eine absolut genüssliche Strecke bis nach Dresden. Die Sonne steht tief hinter uns, die Sicht und das Wetter ist hervorragend und wir fliegen wie auf Schienen ohne jegliche Turbulenzen. So macht das Streckenfliegen Spaß!

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Die letzte Landung des Tages steht an. In einem tollen Abendlicht sehen wir die Stadt Dresden.

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Kurz danach bekommen wir die Landefreigabe zur Landung auf dem internationalen Flughafen von Dresden (EDDC): „D-MVBR, wind 060 degrees 8kts, cleared to land RWY 04!“. Die Bahn misst 2850x60m. Ausreichend für uns.

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Kurz nach 20.30 Uhr setzt Olaf auf. Auf Taxiway C in der Mitte der Bahn rollen wir ab und wechseln kurz danach auf die Frequenz von Dresden Ground. Der Lotse schickt uns über TWY H zum Marshaller, der bereits mit seinem Follow me-Fahrzeug auf uns wartet. Die Rollstrecke führt vorbei an einem Airbus A380 der australischen Qantas, welcher hier geparkt ist, um eine neue Kabinenausstattung zu bekommen. Darauf sind die Dresdner nämlich spezialisiert. Hat man nicht alle Tage, mit einem UL an einem A380 vorbeizurollen…

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Wir müssen noch kurz stehen bleiben, um eine A320 der Eurowings für einen Flug nach Düsseldorf passieren zu lassen. Dann rollen wir hinter dem A320 und Marshaller zum GAT.

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Dort fixieren wir die Breezer mit Spanngurten und decken die Haube ab. Denn am Horizont stehen ein paar Gewitterwolken, da wollen wir sicher sein.

Dann kommt schon unser Shuttle zum Terminal: ein riesiger Cobus 3000! Da müssen wir schon lachen. Würde doch unsere Breezer fast komplett in den Bus passen…

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Das Personal am Terminaleingang hat eigentlich um 21.00 Uhr Feierabend, doch man ist so nett und wartet noch 10min länger, bis wir das Ankunftsformular für die Rechnung ausgefüllt haben. Da das Verwaltungspersonal wegen Corona seit zwei Monaten nicht mehr arbeitet, kann es sein, dass wir die Rechnung (36€ für Landung, Parken und Abfertigung) nicht mal mehr in diesem Jahr zugeschickt bekommen… keiner hier weiß so recht, wie es weitergehen soll. Schon übel…

Im Terminal und davor gähnende Leere. Aktuell gibt es nur zwei Flüge pro Tag, einmal Düsseldorf und einmal Frankfurt.

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Olaf und ich rufen uns ein Taxi. In Halle-Oppin hatten wir uns zuvor das Dormero Airport Hotel nahe des Flughafens reserviert. Keine schlechte Wahl. Um 21.30 Uhr kommen wir dort an. Mit einem gemütlichen Spaziergang im Stadtteil Klotzsche in sommerlicher Stimmung beenden wir diesen ereignisreichen Tag.

 

Am nächsten Morgen um Punkt 07.00 Uhr sind die ersten Kunden in der Bäckerei neben dem Hotel. Bordverpflegung einkaufen. Um 07.10 Uhr wartet schon unser Taxi zum Flughafen. Diesmal steigen wir aber nicht beim Terminal aus, sondern bei Tor 14. Denn das Terminalpersonal fängt erst um 09.00 Uhr an. Tor 14 ist 24h besetzt und dort kann man auch als Flugbesatzung in den nichtöffentlichen Bereich gelangen. Wir sind vorangemeldet und die Kontrolle geht schnell vonstatten. Wenig später kommt ein Kleinbus, welcher uns zur Breezer bringt.

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Um kurz nach 08.00 Uhr starten wir auf RWY 22. Noch einmal haben wir einen schönen Blick auf die Innenstadt von Dresden.

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Dann schlagen wir Südostkurs ein. Denn wir wollen uns das Elbsandsteingebirge bei Pirna anschauen. Dieses habe ich noch nie gesehen und nun bietet sich eine ideale Gelegenheit. Wir kreisen einige Male über den berühmten Felsen in toller Kulisse an der Elbe. Aber in 3300ft, um nicht die 2000ft Mindestflughöhe des Vogelschutzgebietes zu unterschreiten.

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Dann geht es nach Tschechien. Ich melde mich bei Praha Information an. Der Lotse teilt uns mit, dass auf unserer Flugroute keine Flugbeschränkungen aktiv seien.

Nordwestlich von Prag liegt der Flugplatz Panenský Týnec (LKPC). Unser nächster Zwischenstopp.

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Dessen Infrastruktur besteht lediglich aus einem Hangar und einem Container. Die Piste ist überdimensional für so einen kleinen Airport. 2505x30m! Vermutlich eine ehemalige Militärpiste aus Zeiten des kalten Krieges. Der Zahn der Zeit nagt auch schon an ihr. Aus allen Ritzen sprießen Gräser… Es ist kein Mensch vor Ort. Aber das wussten wir schon vor der Landung. Ich hatte mit dem Verantwortlichen telefoniert und wir hatten die Erlaubnis zur Landung bekommen. Warum kann es nicht überall so einfach sein wie in Tschechien?

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Wir bleiben nur kurz und starten dann gleich wieder. Knapp 45min westlich liegt unser nächstes Etappenziel: Karlovy Vary (LKKV). Ein großer Airport mit CTR für die reiche Kurstadt Karlsbad. Wir dürfen direkt die 29 anfliegen.

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Daher denke ich, dass es sich um einen verschlafenen Airport handeln muss, auf dem nicht viel los ist. Doch nach unserer Landung stellen wir das Gegenteil fest. Richtig viel Flugbetrieb, inklusive Jet. Das Terminal und der Tower muten futuristisch an, alles nagelneu. Ein Kleinbus holt uns ab und bringt uns zum Bezahlen ins Office. Umgerechnet 25€ kostet unsere Landung und Abfertigung. Nicht gerade billig. Aber das war es uns wert bei diesem tollen Airport in schöner saftig grüner Hügellandschaft.

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Auf RWY 11 starten wir wieder.

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Zurück nach Deutschland. Auf FL65 überfliegen wir die Wolken und später die Berge des Bayerischen Waldes.

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Da uns der Sprit bis nach Ampfing nicht mehr ganz reichen würde bzw. wir dann keinerlei Reserven mehr hätten, landen wir in Straubing (EDMS) und füllen ein letztes Mal paar Liter Treibstoff in unseren Tank. Das letzte Leg in die Heimat ist nicht lang und so landen wir um 12.40 Uhr zurück auf unserer Heimatbasis Ampfing.

Gut 10 Motorlaufstunden liegen hinter uns. Wir haben viel gesehen in den letzten zwei Tagen. Vom kleinen UL-Platz im Harz bis zum großen internationalen Airport in Dresden. Etwas erschöpft von den vielen Flugstunden, aber bekanntlich ist ja der Weg das Ziel beim Fliegen…

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