Von der Rhön bis in den Spessart
Eine Deutschland-Tour mit dem Ultraleichtflugzeug von der Rhön bis in den Spessart zu faszinierenden Flugplätzen.
Ganz Deutschland ist CAVOK. Selbst an der Küste und in den Alpen keinerlei Wolken und beste Sicht. Grund genug für Joe und mich, wieder mal auf Tour zu gehen.
Die Reise startet wie immer in Ampfing. Kurz vor 10.00 Uhr heben wir ab in einen ungetrübten blauen Himmel. Unser erstes Ziel ist der UL-Flugplatz Gersdorf etwas nördlich von Ingolstadt. Die Piste dort ist nur 200m kurz, also nichts für eine Fullstop-Landung mit unserer Breezer. Aber ein Low Approach ist eine gute Übung für Joe. Infrasturktur gibt es hier kaum. Lediglich ein Container ist dort vorzufinden und einer der Eigentümer steht mit dem Funkgerät da.
Unser nächstes Ziel ist der US-Heliport Ansbach-Katterbach (ETEB). Dort wollen wir einen Low Approach anfragen. Ob das bei den Amis wohl funktioniert? Mein Funkanruf wird mit amerikanischem Slang – zum Glück aber verständlich – beantwortet. Zu unserer Freude wird ein Low Approach sofort genehmigt. Wir dürfen in die CTR einfliegen und direkt in einen rechten Gegenanflug auf die RWY 08 einschwenken. Auffällig bei dem Amis ist, dass das Null bei der RWY nicht gesprochen wird. Also lediglich: „D-MFSM, cleared low approach RWY eight!“ Schon cool, wie entspannt die Amerikaner sind. Während wir die immerhin 374x22m lange Runway in 1-2m Höhe überfliegen, haben wir einen tollen Blick auf die Transporthubschrauber CH-47 Chinook und Kampfhubschrauber AH-64 Apache, welche auf dem Vorfeld abgestellt sind.
Das gleiche wollen wir auch am US-Heliport Illesheim (ETIK) probieren. Die Funkfrequenz auf der ICAO-Karte für den TWR ist aber die Radarfrequenz, wie wir feststellen. Doch der amerikanische Lotse gibt uns freundlich an den TWR vom Heliport weiter. Auch in Illesheim wird unserem Wunsch stattgegeben und wir dürfen einen Low Approach machen. Wie auch in Ansbach sehen wir CH-47 Chinooks und AH-64 Apaches, zusätzlich einige Sikorsky S-70 Transporthubschrauber.
Noch innerhalb der CTR Illesheim liegt der Flugplatz Bad Winsheim (EDQB). Gleich nach dem Low Approach am Heliport werden wir zum Umschalten auf die Frequenz von Bad Winsheim freigegeben. Es ist keiner da, aber wir dürfen wie telefonisch besprochen einen Übungsanflug machen.
Dann geht es weiter. Am Flugplatz Kolitzheim-Herleshof dürfen wir frühestens um 12.20 Uhr landen, denn vorher wird keine verantwortliche Person dort sein. Da wir aber Rückenwind hatten, sind wir 30min zu früh. Daher planen wir schnell um und wollen vor der Landung in Herleshof noch einen anderen Platz anfliegen. Der Flugplatz Lager Hammelburg (EDFJ) liegt sehr ungünstig innerhalb der ED-R 135, welche bereits am Boden beginnt und werktäglich, also heute, aktiv ist. Während des Fluges hatte ich schon bei der FIS angefragt und die Info bekommen, dass sie aktiv sei. Ein Anflug auf den Flugplatz somit unmöglich. Vom Platzbesitzer hatte ich jedoch die Erlaubnis, sofern die ED-R nicht aktiv sei, einen Anflug zu machen. So frage ich noch einmal bei der FIS an, ob sie mir eine Militärfrequenz geben könnten, bei der ich um einen Einflug bitten könnte.
Leider ist der FIS jedoch keine solche bekannt. Auf meine nochmalige Nachfrage, da ich diesen Umstand einfach nicht akzeptieren möchte, ist die FIS so nett und kümmert sich telefonisch um mein Anliegen. Joe und ich machen uns vorsichtshalber schon einmal auf den Weg Richtung Lager Hammelburg. Und tatsächlich ein paar Minuten später meldet sich die FIS wieder. Der Lotse hätte nun beim Militär den Verantwortlichen telefonisch erreicht und ihm mein Vorhaben mitgeteilt. Seitens der Bundewehr wird uns erfreulicherweise der Einflug in der ED-R genehmigt, allerdings nur für einen Ein- und Ausflug im Norden. Südlich des Flugplatzes befindet sich nämlich ein aktiver Schießstand der Bundeswehr, welcher von der ED-R 135 gesichert ist.
Ich bedanke mich für den tollen Service der FIS und wechsle auf die Frequenz von Lager Hammelburg. Heute ist keiner da, wir senden Blindmeldungen. Die Platzrunde, welche einmal um die Stadt Hammelburg herumführt, ist sehr groß und beginnt bereits außerhalb der ED-R. Die Asphaltbahn liegt schön auf einem Plateau über der Stadt gelegen und ist etwas nach oben gebogen.
Wir verlassen die ED-R wieder und fliegen zurück nach Kolitzheim-Herleshof. Als ob wir es geplant hätten, kommen wir auf die Minute genau um 12.20 Uhr an. Bei diesem Flugplatz handelt es sich wieder um etwas besonders. Es ist ein privater Flugplatz. Die Landebahn ist eine offizielle Verkehrsstraße, welche bei Flugverkehr mit Toren für Fahrzeuge und Radfahrer gesperrt wird. Das asphaltierte Straßenstück ist 870m lang und 6m breit. Rechts und links davon ist Gras, sodass die ganze Breite der Bahn mit 30m angegeben wird. Offiziell gibt es hier keine Funkfrequenz, doch ich hatte telefonisch mit dem Verantwortlichen eine vereinbart. Auf unseren Funkspruch meldet sich auch schon der nette Herr. Er wäre noch auf Anfahrt, nachdem er seine Arbeitsstätte um 12.00 Uhr in die Mittagspause Richtung Flugplatz verlassen hatte (deshalb war keine Ankunft vor 12.20 Uhr möglich). Wir lassen uns Zeit und kreisen zweimal über dem Platz.
Als die Tore an beiden Enden und auch am einmündenden Weg im Westen geschlossen sind, landen wir. Eine Platzrunde gibt es hier nicht. Aufsetzen wollen wir auf dem Asphaltweg und das klappt auch wunderbar. Unsere Spannweite überragt die Breite der Straße nur minimal.
Da kein anderer Verkehr erwartet wird, parken wir einfach auf der Landebahn, rollen nur ein Stück auf die Seite ins Gras.
Ursprünglich stand hier in den 60er Jahren ein großer Gutshof. Davon gibt es heute noch ein großes Gebäude und eine alte stehen gelassene einzelne Mauer. In einem neueren Anbau stehen eine Mooney des Besitzers und noch zwei kleinere Maschinen. Den Flugplatz gibt es seit 2015. Landen und starten dürfen eigentlich nur die drei hier stationierten Flugzeuge. Allerdings kann der Besitzer Besucher empfangen, welche aber ans Luftamt Nordbayern weitergemeldet werden müssen.
Hier kann nach Belieben geflogen werden, SR-30 bis SS+30. Das macht uns definitiv neidisch!
Gegen 13.15 Uhr machen wir uns wieder auf den Weg.
Es geht in die Berge der Rhön. Manche bewaldete Berge dort muten vulkanisch an. Der höchste Berg dieses Mittelgebirges, die Wasserkuppe, ist nicht weit weg.
Ziemlich an der Nordgrenze Bayerns in den sanften Hügeln der Rhön liegt der Segelflugplatz Büchig. Dort dürfen wir landen. Da die Piste 10 ansteigt, darf nur auf dieser gelandet werden. Die ersten paar hundert Meter der 590m langen Bahn sind Gras, das letzte Stück dann Asphalt. Nach der Landung auf der 10 wenden wir uns starten gleich wieder auf der 28 bergab.
In Sichtweite liegt der Segelflugplatz Bischofsberg. Hier werden wir nach telefonischer Anmeldung erwartet. Wie empfohlen setzen wir erst nach dem ersten Querweg auf der ausreichend langen Grasbahn 08 auf.
Da wir auch in Bad Neustadt angekündigt sind und man dort schon auf uns wartet, sprechen wir nur kurz mit dem netten Flugleiter, welcher vollstes Verständnis für unseren Zeitdruck hat.
Ich drücke ihm schnell eine Landespende in die Hand, dann hüpfen wir wieder in die Breezer und bereiten uns für den Start auf der 26 vor.
Knapp 10nm südlich liegt der Flugplatz Bad Neustadt/Saale-Grasberg (EDFD). Im Anflug auf die 31 passieren wir den großen Steinbruch der Firma Adolf Steinbach. Dieses riesige Loch im Erdboden sorgt schon für ein paar Turbulenzen im Anflug.
In Bad Neustadt machen wir unseren Tank wieder voll. Hier müssen wir zusätzlich zur Landegebühr noch 20€ PPR-Gebühr bezahlen, da extra für uns jemand zum Platz gekommen ist.
Dann geht es auch schon wieder weiter. Die Flugdauer ist nicht lang, es dauert nur wenige Minuten, bis wir im rechten Gegenanflug auf die Piste 30 des Segelflugplatzes Am Kreuzfeld sind. Eine Platzrunde gibt es hier nicht – künstlerische Pilotenfreiheit. Die 30 geht leicht bergab. Vor der Bahn befindet sich noch ein Feld, das wie eine Verlängerung derer aussieht. Zur Sicherheit frage ich nochmal nach, ob die Schwelle auch dort beginnen würde wo ich sie erwarte. Meine Anfrage wird bestätigt und so können wir landen.
Hier am Flugplatz sind gerade mehrere Holländer mit ihren Segelflugzeugen zu Gast. Auf der Terrasse können wir richtig schön entspannen. 28°C und keine einzige Wolke am Himmel.
Nach etwa einer Stunde legen wir wieder los. Der Start erfolgt nun auf der 12, leicht bergauf. Joe schiebt den Gashebel auf Vollgas. Die Breezer beschleunigt wie sonst auch. Alles deutet auf einen normalen Take off hin. Doch bei etwa 70km/h ist Schluss mit Beschleunigung. Das Bugrad will nicht abheben, trotz teilweise voll gezogenem Knüppel. Es fühlt sich an, als ob wir einen Bremshaken mitschleppen würden. Mittlerweile haben wir die Halbbahnmarkierung der 600m langen Bahn passiert. Da die verbleibenden 300m noch ausreichen und die Piste nahtlos in eine ebene gemähte Wiese übergeht, gebe ich noch kein Kommando zum Startabbruch. Noch einmal versuche ich, die Maschine vom Boden abheben zulassen. Doch lediglich das Bugrad hebt ab. Das Hauptfahrwerk klebt nach wie vor am Boden. Dann fällt mein Blick auf die Bremse. Das letzte, was ich noch überprüfen kann, denn die Leistung und Drehzahl ist da. Was sehe ich da? Die Bremse ist mit einer Stufe gerastet! Sofort löse ich sie und in dem Moment hebt auch das Hauptfahrwerk ab. Vermutlich haben wir die Bremse nach dem Parken nicht vollständig gelöst…
Nun folgt ein etwas längerer Streckenflug. Nach den vielen Flugplätzen auf einem Fleck auch mal ganz angenehm. Nach etwa 20min überqueren wir den Spessart. Dort erwarten uns mittelhohe bewaldete Berghügel, dazwischen immer wieder kleine Dörfer mit schönen Häusern.
Direkt am Fuße des Spessarts liegt der Segelflugplatz Altenbachtal. Auch dort werden wir bereits erwartet. Das Anflugsverfahren hier ist etwas komplizierter aufgrund von Lärmschutz und dem direkt am Ende der Piste 07 steil ansteigenden Spessarts. Daher finden die Landungen meist auch bei Rückenwind bevorzugt auf der 07 statt, die Starts immer auf der 25. Im Queranflug geht es direkt über den Main, dann schräg in den Endanflug auf die 07. Die Bahn steigt leicht an und ist etwas holprig. Wohngrundstücke und Bäume reichen hier bis an den seitlichen Pistenrand.
Wir werden freundlich empfangen und wir freuen uns, dass wir kommen durften, obwohl in der Regel unter der Woche kein Flugbetrieb stattfindet.
Für den Take off bekommen wir noch ein Briefing. Da das Grasareal um die Startbahn herum leicht gekrümmt ist, startet man hier diagonal in einer geraden Linie. Leicht bergab heben wir dann auch sehr bald ab.
Dann geht es zurück Richtung Nürnberg. Kurz vor der CTR Nürnberg funken wir Nürnberg TWR an und erbitten den Einflug in die CTR für einen Anflug auf den Segelflugplatz Fürth-Seckendorf. Dieser Flugplatz liegt nämlich innerhalb der Kontrollzone im Südwestlichen Eck. Nürnberg TWR genehmigt den Einflug und das Umschalten auf die Frequenz von Fürth sofort. Da auch hier unter der Woche keiner am Platz ist, geben wir Blindmeldungen durch und machen einen Übungsanflug auf die 09. Hier muss die Platzrunde wegen Lärmschutz exakt eingehalten werden.
Mit Fürth haben wir alle Flugplätze erledigt, die wir heute anfliegen wollten. Den Rückflug gestalten wir übers Altmühltal, Abensberg und Landshut. Kurz vor Siegenburg schreibe ich noch schnell einem Spotterfreund, dass wir gleich über sein Haus fliegen werden. Er schafft es noch vors Haus und fotografiert uns von unten.
Nach sechs Stunden reiner Flugzeit und 1030 abgeflogenen Kilometern sind wir um 19.15 Uhr wieder zurück auf unserem Heimatflugplatz Ampfing. Noch immer ist keine einzige Wolke am Himmel zu sehen. Eine interessante Flugtour bei bestem Wetter geht zu Ende.